Die Krone der Handwerkskunst
von Christian Schneider und Harald Friedrich
12.5.2025

Die monumentale Synagoge in der Augsburger Halderstraße gilt als eines der bedeutendsten Zeugnisse deutsch-jüdischer Kultur. Seit 2022 wird diese Synagoge umfassend saniert. Ein Mitglied der Dachdecker-Innung Schwaben ist maßgeblich daran beteiligt.
Als einzige Großstadtsynagoge Bayerns überstand die Augsburger Synagoge die NS-Zeit. Errichtet wurde sie zwischen 1913 und 1917 nach den Plänen der Architekten Fritz Landauer und Dr. Heinrich Lömpel. Nach der Schändung und Brandstiftung während der Novemberpogrome 1938 wurde erst 1975 mit dem Wiederaufbau begonnen. Zehn Jahre später konnte die Synagoge feierlich wieder eingeweiht werden. Doch der Zahn der Zeit machte auch vor dem Dach der Synagoge nicht Halt. Eine umfassende Sanierung war geboten. Stolz und Freude bei der Hans Neubauer GmbH Bedachungstechnik in Neusäß-Vogelsang: Der Innungsbetrieb erhielt den Auftrag zur dringend notwendigen Dachsanierung. Die gewerkeübergreifende Zusammenarbeit zwischen Dachdecker, Zimmerer und Spengler gab wohl mit den Ausschlag, den Auftrag an den erfahrenen Neusäßer Betrieb zu vergeben.
Zu den größten Herausforderungen gehörte die Rekonstruktion der historischen „Krone“ – des weithin sichtbaren Wahrzeichens dieser Synagoge. Seit 1944 fehlte diese Krone und umso verständlicher der Wunsch, das Originalabbild wieder herzustellen. Während des Zweiten Weltkriegs war an Stelle der Krone eine Flakstellung installiert worden. Im Zuge der Planung für die umfassende Sanierung konnte die Krone aus alten Bauplänen, Bildmaterial und Zeichnungen so originalgetreu wie möglich rekonstruiert werden. Unter Leitung des Spenglermeisters der Hans Neubauer GmbH, Johannes Harder, entstand in perfekter Teamarbeit, vor allen Dingen aber mit wahrem Herzblut und großer Leidenschaft, ein Meisterstück aus Lärchenholz und rund einer halben Tonne Kupferblechen.
Nach nur vier Monaten erfuhr die Synagoge ihre „Krönung“: Am Dienstag, 17. Dezember 2024, hob ein Spezialkran die Krone auf das 3,5 Tonnen schwere Bogenkranzfundament. Millimeterarbeit auch für den Kranführer, dieses „Meisterwerk der Handwerkskunst“ präzise zu platzieren. Die zahlreichen Mitgliedern der Israelitischen Kultusgemeinde Schwaben-Augsburg begleiteten den Abschluss dieser Arbeiten mit großem Applaus.
Der für die Planung und Ausführung verantwortliche Architekt Martin Spaenle betonte, dass die nun vollendete Rekonstruktion dank modernster Lasertechnik lediglich um zwei Zentimeter vom Original abweiche.
Die Krone mit den Davidsternen sei ein bedeutendes Symbol für die wiederauflebende jüdische Gemeinde in Augsburg. Im Laufe der Zeit wird der strahlende Kupferglanz in einem natürlicher Prozess patinieren und eine dunkele Oberfläche wird sich bilden. Ein durchaus erwünschter Prozess, der das historisch getreue Erscheinungsbild weiter vervollständigen wird.
Die Generalsanierung der Synagoge soll nach den Plänen bis 2028 abgeschlossen sein. Neben der Dachsanierung gehören dazu die Verbesserung des Brandschutzes und der Barrierefreiheit. Ebenso wird das historische Ritualbad, die Mikwe, wieder instand gesetzt. Die Gesamtkosten des Projekts belaufen sich auf rund 26 Millionen Euro, die durch Mittel der Bundesregierung, des Freistaats Bayern, der Stadt Augsburg, des Bezirks Schwaben sowie der jüdischen Gemeinde finanziert werden.
Der weithin sichtbare Davidstern auf der Krone symbolisiert nicht nur die Wiederherstellung eines historischen Wahrzeichens, sondern auch die lebendige jüdische Gemeinde in Augsburg. So betont Alexander Mazo, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, tief bewegt: „Das ist ein Zeichen, dass die jüdische Gemeinde wieder da ist. Ich hätte nicht damit gerechnet, das ist unglaublich.“
Die Krönung der Augsburger Synagoge hat für große Aufmerksamkeit gesorgt. Zahlreiche Berichte in vielen Medien und Beiträge auf zahlreichen SocialMedia-Kanälen zeigen das enorme Interesse an diesem einzigartigen Wiederaufbauprojekt. „So einen anspruchsvollen und bedeutsamen Auftrag bekommt man nicht alle Tage“, so Julian Ender, Geschäftsführer der Hans Neubauer GmbH. Und er ist zu Recht stolz auf sein Team.