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Keine Freitextsuche nach Verbrechern möglich

von Harald Friedrich

1.9.2025

Die „Never-Ending-Story“: Steigen die Preise – ob Aufgrund von Inflation, Mindestlohnerhöhung oder höheren Sozialabgaben – 
profitieren im Bereich Dachdeckerhandwerk davon die Unseriös arbeitenden: die Dach-Haie. 

Nicht davon profitieren jedenfalls die Kunden, die auf die vermeintlichen Billig-Angebote hereinfallen. Denn meist zahlen sie gleich zweimal. Beim ersten Mal werden sie von den Dach-Haien zur Kasse gebeten, nachdem sie mit Lock-Angeboten geködert wurden. Ist die Falle zugeschnappt, zahlen diese Kunden schlechte Arbeit dann zu Wucher-Preisen. Zum zweiten Mal zahlen diese geprellten Kunden anschließend den seriös arbeitenden Dachdeckerbetrieb, der sich bemüht, den Schaden zu begrenzen.

Sind eigentlich auch Polizei und Zoll – hier die Finanzkontrolle Schwarzarbeit FKS – für diese Dach-Hai-Problematik sensibilisiert und wie bekannt und koordiniert wird ermittelt? Was sollen und können Innungen, aber auch Betroffene selbst tun, wenn die Dach-Haie zuschlagen wollen oder schon aktiv geworden sind?

Dazu hat BayernDach die Pressestellen aller bayerischen Polizeidirektionen, das Bayerische Landeskriminalamt BLKA sowie die Hauptzollverwaltung kontaktiert und Fragen gestellt. Gerade von den einzelnen regionalen Polizeidirektionen sollte die Rückmeldung kommen, ob und wie bekannt dort die „Dach-Hai-Problematik“ ist. Dazu wurde auch die Frage nach landes- oder bundesweiten Ermittlungen oder Datenbanken gestellt.

Die schnellste Antwort kam vom Bayerischen Landeskriminalamt BLKA: „Konkret kann ich aktuell zu dem von Ihnen beschriebenen Phänomen keine Antwort geben. Das Phänomen ist hier im Bayerischen Landeskriminalamt, vermutlich auch aufgrund unserer Zuständigkeit, nicht bekannt.“ Es wurde allerdings versprochen, die Anfrage an die Statistiker weiterzuleiten.

Wenige Tage später korrigierte und ergänzte das BLKA dazu: „Bei den unseriös arbeitenden Dachdeckerkolonnen (sog. Dach-Haien) handelt es sich um ein seit mehreren Jahren bundesweit auftretendes Phänomen der ,falschen Handwerker‘ in unterschiedlichsten Ausprägungen und ist dem Bayerischen Landeskriminalamt (BLKA) bekannt.“

Weiter wurde ausgeführt: „Dem BLKA liegen hinsichtlich zentraler Ermittlungen zu diesen Fällen bayern- oder bundesweit keine Erkenntnisse vor.
Eine valide Aussage zu statistischen Werten kann von hier nicht getroffen werden, da für den zur Rede stehenden Modus Operandi im Vorgangsverwaltungssystem, IGVP (Integrationsverfahren der Bayerischen Polizei), keine einschlägigen Delikte oder Schlagwörter hinterlegt sind. Eine Freitextrecherche ist mangels Pflichtfeld und Erfassungsrichtlinien bzw. der Fülle an Erfassungsmöglichkeiten verschiedener Fallkonstellationen ebenfalls nicht zielführend und würde bei einer Auswertung der Fallzahlen zur Vermengung mehrerer Kriminalitätsphänomene führen.“

Das klingt nun fast schon wie ein Software-Problem, wenn eine fehlende Freitextrecherche aufgeführt wird. Das aber ist nicht Schuld der Polizei, sondern Aufgabe der Verwaltung.

Zum Schluss wurde noch auf die Polizeiprävention hingewiesen (www.polizei-beratung.de).
Das Polizeipräsidium Niederbayern beantwortete die Anfrage so: „...dass der von Ihnen beschriebene Phänomenbereich („unseriöse/falsche Dachdecker/ Dachsanierer“) im automatisierten Verfahren nicht ausgewertet werden kann und somit keine validen Fallzahlen übermittelt werden können.

Unabhängig davon teilen wir Ihnen mit, dass es im Bereich des PP Niederbayern immer wieder zu vereinzelten Meldungen von Hausbesitzern über unseriöse Handwerkerfirmen kommt.“

Eine schnelle Rückmeldung kam auch aus dem Polizeipräsidium Unterfranken: „Das Phänomen ist bekannt und auch in Unterfranken kam es in den vergangenen Jahren zu Betrugsdelikten, bei welchen Dachdeckerarbeiten mangelhaft ausgeführt wurden und das zu überhöhten Preisen.“

Sehr ausführlich wurden auch konkrete Tipps für Verbraucher angegeben:
„Unterschreiben Sie einen Auftrag nur, wenn Sie alles verstanden haben. Verlangen Sie eine Rechnung und prüfen Sie, ob die aufgeführten Leistungen auch ausgeführt wurden.
Achten Sie auf eine rechtskonforme Rechnung (z. B. Firmenangabe, Steuernummer, Rechnungsnummer). Sie sind nicht verpflichtet, die Rechnung sofort zu begleichen. Auch die Drohung mit der Polizei oder einem Inkassounternehmen ist haltlos. Wenden Sie sich an eine Verbraucherzentrale, wenn Sie Fragen zur Rechnung haben. Rufen Sie die Polizei, wenn Sie bedroht werden. Holen Sie wenn möglich Nachbarn hinzu, die den Vorfall bezeugen und Sie bestärken können. Scheuen Sie sich nicht, Anzeige bei der Polizei gegen die Firma zu erstatten.“

Auch Fallzahlen aus ihrem Bereich nannte die unterfränkische Polizei: „Im Jahr 2024 lagen die Fallzahlen in Unterfranken im mittleren einstelligen Bereich. Derartige Fälle werden bei uns dezentral durch Ermittlungsbeamte bearbeitet.“

Auf die Frage von BayernDach, ob Warnhinweise des Landesinnungsverbands oder der regionalen Innungen gewünscht seien oder eher zu einer nicht hilfreichen Mehrbelastung der Polizeiarbeit führen würden, kam die positive Rückmeldung. „Jeder präventive Ansatz, der die Öffentlichkeit auf das Thema aufmerksam macht und Personen vor Schaden bewahrt, ist es Wert, verfolgt zu werden. Ein möglicher Mehraufwand, der auf uns als Polizei zukommen könnte, ist in diesem Zusammenhang unwesentlich.“

Auch die Polizei in Rosenheim, die sich telefonisch meldete, wird der Mehraufwand bei Warnmeldungen der bayerischen Dachdecker als völlig vertretbar und hilfreich eingeschätzt.

Sehr ausführliche Antworten übermittelte die Generalzolldirektion. Die benannte Thematik sei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) bekannt. Es handele sich dabei um ein Phänomen mit regionalunterschiedlich starker Ausprägung.

„Im Jahr 2023 hat die FKS bundesweit 142 Straf- und 171 Ordnungswidrigkeitenverfahren in der Branche Dachdeckerhandwerk eingeleitet. 
Da in der Statistik der FKS nicht nach einzelnen Erscheinungsformen (Modi Operandi) differenziert wird, kann keine statistisch belegbare Aussage zu diesem Phänomen („Dachdecker-Haien“) getroffen werden.“

Hinweise aus der Bevölkerung auf mögliche Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten seien ein wichtiger Beitrag zur Aufklärung von Rechtsverstößen und würden von den Strafverfolgungsbehörden gerne entgegen genommen. „Liegen beispielsweise Anhaltspunkte auf einen möglichen Betrug gemäß § 263 StGB vor, so wäre grundsätzlich die Zuständigkeit der jeweiligen Landespolizei gegeben, bei welcher entsprechend Strafanzeige gestellt werden kann.

Handelt es sich hingegen um Tatsachen, welche die Vermutung auf Schwarzarbeit, illegale Beschäftigung, Sozialleistungsmissbrauch, Sozialversicherungsbetrug, Verletzung der Mindestarbeitsbedingungen etc. zulassen, so ist eine Zuständigkeit des Zolls (der FKS) gegeben.“ Die FKS und die Polizeien arbeiteten nach eigener Aussage eng zusammen.

Ganz klar führt der Zoll auch bundesweite Ermittlungen durch: „Durch die FKS werden bundesweit strafrechtliche Ermittlungen gegen Tatverdächtige geführt, die im Verdacht stehen, Leistungen als sogenannte ,Dach-Haie‘ erbracht zu haben.“

Die Kommunikation innerhalb der bayerischen Polizei scheint jedenfalls auf anderer Ebene gut zu klappen. Darauf lässt der abschließende Satz des BLKA schließen: „Da Ihre Anfrage ebenso die Pressestellen der übrigen Verbände der Bayerischen Polizei erreicht hat, beteiligen wir diese nachrichtlich an unserer E-Mail an Sie.“

Die Polizei in Hessen ist da wohl statistisch auf einem besseren Stand: In einer Pressemeldung, die über dpa bundesweit verbreitet wurde, heißt es am 3. Juli 2025: „Polizei warnt – Falsche Handwerker zocken Senioren ab“. Und am 27. Juli legt das LKA Rheinland-Pfalz mit einer weiteren über dpa verbreiteten Warnung vor Dach-Haien nach.

Weitere Bilder

Die Polizeiprävention warnt ausdrücklich vor unseriösen Handwerkern auf Homepage www.polizei-beratung.de/aktuelles/detailansicht/vorsicht-vor-falschen-handwerkern
Die Polizeiprävention warnt ausdrücklich vor unseriösen Handwerkern auf Homepage www.polizei-beratung.de/aktuelles/detailansicht/vorsicht-vor-falschen-handwerkern