Komplizierte Schein-Welt
Der Führerschein-Dschungel lebt.
von Harald Friedrich
17.4.2025

Der Führerschein-Dschungel lebt. So gibt es einzelne Regelungen, die nur in Deutschland Anwendung finden. Und das trotz erneutem Bestreben nach EU-einheitlichen Vorschriften.
Die EU war bemüht, einheitliche Führerscheinklassen und Befristungen einzuführen. Dieses Vorhaben scheiterte allerdings an der fehlenden Zustimmung mehrerer EU-Mitgliedsstaaten. Somit ergibt sich ein neues „Führerschein-Dickicht“, in dem in einigen Führerscheinklassen das Führen von Fahrzeugen in Deutschland zulässig ist, im Ausland jedoch als Verstoß geahndet werden könnte.
Hier deshalb ein Überblick über die geltenden Führerscheinklassen (Stand Januar 2025).
Grundsätzlich fallen unter die B-Klassen Personenkraftwagen und unter die C-Klassen Lastkraftwagen.
In den Klassen B/ B17/B197 dürfen gefahren werden:
Kraftfahrzeuge – ausgenommen Kraftfahrzeuge der Klassen AM, A1, A2 und A – mit einer zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 3.500 kg und mit nicht mehr als acht Sitzplätzen plus Fahrersitz. Das gilt auch für das Führen eines Anhängers mit einer zulässigen Gesamtmasse von max. 750 kg oder einem schweren Anhänger, sofern die zulässige Gesamtmasse der Kombination 3.500 kg nicht übersteigt. Nur in Deutschland dürfen außerdem dreirädrige Kraftfahrzeuge gefahren werden. Beträgt deren Motorleistung max. 15 kW ist das Führen solcher Fahrzeuge nur erlaubt, wenn der Inha- ber der Fahrerlaubnis mindestens 21 Jahre alt ist.
Allerdings: Die Fahrerlaubnis der Klasse B berechtigt auch zum Führen von Fahrzeugen, die ganz oder teilweise mit Strom, Wasserstoff, Flüssig- bzw. Erdgas oder mechanischer Energie alternativ angetrieben werden, wenn diese eine Gesamtmasse von nicht mehr als 4.250 kg, aufweisen. Die 3.500 kg überschreitende Masse muss hierbei ausschließlich dem zusätzlichen Gewicht des Antriebssystems geschuldet sein. Diese Regelung gilt allerdings nur in Deutschland und auch nur, wenn der Inhaber diese Fahrerlaubnis seit mindestens zwei Jahren besitzt. Geplant ist, dass bei diesen Fahrzeugen mit alternativen Antrieben und einer Gesamtmasse von 4.250 kg auch ein Anhänger mit 750 kg mitgeführt werden und sich damit die Gesamtmasse auf bis zu 5.000 kg erhöhen darf.
B96: Diese Führerscheinklasse berechtigt zum Führen einer Kombinationen aus einem Zugfahrzeug der Klasse B und einem Anhänger mit zulässiger Gesamtmasse von mehr als 750 kg, sofern die zulässige Gesamtmasse dieser Fahrzeugkombination 4.250 kg nicht übersteigt.
B196: Hier dürfen Kraftfahrzeuge der Klasse A1 (Krafträder mit einem Hubraum von nicht mehr als 125 ccm, einer Nennleistung von nicht mehr als
11 kW, bei denen das Leistung/Leergewicht-Verhältnis 0,1 kW/kg nicht übersteigt, sowie dreirädrige Kraftfahrzeuge bis 15 kW und nur in Deutschland) und Kraftfahrzeuge der Klasse B geführt werden.
BE: Diese Führerscheinklasse erlaubt die Kombinationen aus einem Zugfahrzeug der Klasse B und einem Anhänger, sofern die zulässige Gesamtmasse des Anhängers 3.500 kg nicht übersteigt.
Auch ohne Zusatzprüfung ist mehr möglich
Wer im und für den Betrieb auch mal Anhänger jenseits der in der Führerscheinklasse B enthaltenen 750-kg-Klasse bewegen möchte, kann seine Fahrerlaubnis um die Klasse B96 erweitern. Die gute Nachricht: Für diese Erweiterung ist keine Prüfung erforderlich.
Für die Eintragung der Erweiterung auf Klasse B96 ist lediglich der Nachweis einer bestimmten Zahl an abgeschlossenen Theorie- und Praxisstunden nötig. Das Gesamtgewicht aus Fahrzeug und Anhänger darf dann bei bis zu 4.250 kg liegen.
Für diese Erweiterung muss nur ein Kurs mit Theorie- und Praxisteil absolviert werden. Zahlreiche Fahrschulen bieten hier entsprechende Tageskurse an.
Keine Prüfungsfahrt mit einem Prüfer ist auch für den Erwerb der Führerscheinklasse B197 notwendig.
Wer den Pkw-Führerschein der Klasse B mit einem Automatikfahrzeug macht, bekommt im Führerschein den Eintrag der Schlüsselzahl 78. Damit dürfen nur Automatik-Fahrzeuge bewegt werden. Für den Erwerb der Klasse 197 müssen mindestens zehn Fahrstunden (à 45 Minuten) auf einem Schaltwagen der Klasse B im Rahmen der praktischen Führerscheinausbildung absolviert werden. Dann erfolgt eine 15 Minuten-Testfahrt mit einem Fahrlehrer mit einem Wagen mit Schaltgetriebe innerhalb und außerhalb geschlossener Ortschaften. Mit der Bestätigung der Fahrschule kann die eigenliche Prüfungsfahrt für den Führerschein der Klasse B dann auch mit einem Fahrzeug mit Automatikgetriebe ausgeführt werden. Damit entfällt der Eintrag der Schlüsselzahl 78, der das Fahren nur mit Automatik gestatten würde. Diese Einschränkung kann der Fall sein, wenn die Fahrausbildung auf einem E-Auto gemacht wird.
Erlaubte Fahrzeuge der Klasse C: Die Klasse C berechtigt zum Führen von Kraftfahrzeugen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3.500 kg und mit nicht mehr als acht Sitzplätzen außer dem Führersitz (auch mit Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 750 kg). Ausgenom- men hiervon sind Kraftfahrzeuge der Klassen AM, A1, A2, A, D1 und D. Ist das Kraftfahrzeug zur Personenbeförderung gebaut und ausgelegt, darf es mit der Klasse C – unabhängig von der Zahl der Fahrgastplätze – nicht mehr gefahren werden.
Anhänger über 750 kg zGM setzen den Führerschein der Klasse CE voraus.
Erlaubte Fahrzeuge Klasse C1: Kraftfahrzeuge – ausgenommen Kraftfahrzeuge der Klassen AM, A1, A2, A, D1 und D – mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3.500 kg, jedoch nicht mehr als 7.500 kg und mit nicht mehr als acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz (auch mit Anhänger mit max. 750 kg).
Sofern das Kraftfahrzeug zur Personenbeförderung gebaut und ausgelegt ist, darf es mit der Klasse C1 nicht mehr gefahren werden. Das ist unabhängig von der Zahl der Fahrgastplätze.
Erlaubte Fahrzeuge der Klasse C1E: Die Kombinationen aus einem Zugfahrzeug der Klasse C1 und einem Anhänger über 750 kg oder der Klasse B und einem Anhänger über 3.500 kg. Die zulässige Gesamtmasse der Kombination darf dabei jeweils 12.000 kg nicht übersteigen. Ist das Kraftfahrzeug zur Personenbeförderung gebaut und ausgelegt, darf es – unabhängig von der Zahl der Fahrgastplätze – mit der Klasse C1E nicht mehr gefahren werden.
Erlaubte Fahrzeuge der Klasse CE: Die Klasse gilt für die Kombinationen aus einem Zugfahrzeug der Klasse C und einem Anhänger mit einem Gewicht von mehr als 750 kg.
Ist das Kraftfahrzeug zur Personenbeförderung gebaut und ausgelegt, darf es mit der Klasse CE nicht mehr gefahren werden. Das ist auch hier unabhängig von der Zahl der Fahrgastplätze
Diese Regelungen gelten für alle ab dem 28.12.2016 neu erteilten Fahrerlaubnisse.
Es gilt ein Besitzstandsschutz im Inland für alle Fahrerlaubnisse, die vor dem 28.12.2016 erteilt wurden. Diese nationale Regelung hinsichtlich des geänderten Besitzstandsschutzes entspricht jedoch nicht dem europäischen Recht. Daher sind bei Fahrten im Ausland mit zwischen dem 19.1.2013 und dem 27.12.2016 erteilten Fahrerlaubnissen durchaus Beanstandungen durch ausländische Behörden möglich.
Zusätzlich wurden insbesondere folgende Fahrzeuge privilegiert und dürfen somit weiterhin geführt werden, auch wenn die Klasse ab dem 19.1.2013 erteilt wurde:
Einsatzfahrzeuge von Feuerwehr, Polizei, Rettungsdiensten, des Technischen Hilfswerks, Katastrophenschutzes sowie Krankenkraftwagen, Notarzt- einsatz- und Sanitätsfahrzeuge, Post-, Funk- und Fernmeldefahrzeuge, rollstuhlgerechte Fahrzeuge und Wohnmobile.
Wer vor der Einführung der Führerscheinklassen A, B und C seinen Führerschein erworben hat, kann (muss aber nicht) einen Umtausch vornehmen lassen.
Wieviel wiegt der Akku?
In der Praxis tauchen möglicherweise Fragen auf, wenn ein „ganz oder teilweise mit Strom, Wasserstoff, Flüssig- bzw. Erdgas oder mechanischer Energie alternativ“ angetriebenes Fahrzeug mit dem Führerschein B mit höherer Gesamtmasse als den eigentlich zulässigen 3.500 kg gefahren wird. Denn der Nachweis, dass diese zusätzlichen Kilogramm „ausschließlich dem zusätzlichen Gewicht des Antriebssystems geschuldet“ sind, dürfte nicht leicht zu erbringen sein. Ob diese Bestätigung bei einer Verkehrskontrolle anerkannt wird, dürfte interessant werden.
Umtausch Klasse 2:
Im Falle eines Umtausches der Fahrerlaubnisklasse 2 werden die Fahrerlaubnisklassen AM, B, BE, C1, C1E, C, CE, L und T erteilt. Wegen des Bestandsschutzes werden weitere Berechtigungen über Schlüsselzahlen eingetragen.
Zu beachten ist, dass Befristungen möglich sind.
In den Lkw-Klassen gelten beim Erwerb des Führerscheins zwischen 01.01.1999 und 28.12.2016 jedoch Befristungen der Fahrberechtigung:
Klassen C1, C1E: bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres; nach Vollendung des 45. Lebensjahres für fünf Jahre.
Klassen C, CE: Für alle Inhaber einer nach dem 28.12.2016 erworbenen Fahrerlaubnis der Klassen C1, C1E, C, CE gilt, dass deren Fahrerlaubnis auf 5 Jahre befristet wird.
Diese nationale Lösung, dass die Befristung erst für Fahrerlaubnisse der Klassen C1 bzw. C1E gilt, die nach dem 28.12.2016 erworben wurden, entspricht wiederum nicht dem europäischen Recht. Auch hier kann dies bei Fahrten im Ausland Beanstandungen durch ausländische Behörden zur Folge haben.
Umtausch Klasse 3: Bei einem Umtausch der Fahrerlaubnisklasse 3 werden auch die Klassen C1 und C1E ohne ärztliche Untersuchung und ohne Befristung erteilt. Das Dokument unterliegt der formalen gestaffelten Befristung. Nur der von Klasse 3 erfasste Lkw-Klassenausschnitt CE 79 unterliegt auch den Einschränkungen der Klasse CE – unabhängig vom Umtausch.
In einigen Fällen sind ärztliche Untersuchungen bzw. Atteste erforderlich. So wird für den Erwerb als auch für die Verlängerung der Klassen C1, C1E, C oder CE eine ärztliche Bescheinigung benötigt. Der Arzt kann vom Antragsteller frei gewählt werden.
Bei Führerscheininhabern der (alten) Klasse 3 sind die Klassen C1 und C1E nicht befristet. Deshalb ist keine ärztliche Untersuchung vorgeschrieben.
Darüber hinaus ist immer ein ausreichendes Sehvermögen nachzuweisen. Zum Erwerb einer unbefristeten Fahrerlaubnisklasse genügt die Bescheini- gung einer amtlich anerkannten Sehteststelle. Bei befristeten Fahrberechtigungen ist eine augenärztliche Begutachtung sowohl beim Ersterwerb wie auch bei jeder Verlängerung vorgeschrieben.
Altersklassen: Das Mindestalter beträgt für die Klassen C1 und C1E 18 Jahre, für die Klassen C und CE 21 Jahre.
Für Personen mit abgeschlossener Ausbildung zum Berufskraftfahrer oder zur Fachkraft im Fahrbetrieb für die Klassen C und CE gilt jedoch ein Mindestalter von 18 Jahren. Dies gilt bereits während der Ausbildung für den Fahrerlaubniserwerb. Es dürfen dann aber nur Fahrten in Deutschland und im Rahmen des Ausbildungsverhältnisses gemacht werden.
Grundsätzlich ist für den Erwerb einer Fahrerlaubnis eine theoretische und praktische Ausbildung und Prüfung vorgeschrieben. Bei der Erweiterung von Klasse C1 auf Klasse C1E entfällt die Theorie.
Wer den Lkw-Führerschein gewerblich nutzen möchte, muss zusätzlich eine Berufskraftfahrerqualifikation nachweisen. Dies gilt auch schon für Aushilfsfahrten.
Fahrerlaubnisse der Klassen C, C1, CE oder C1E berechtigen innerhalb Deutschlands auch zum Führen von Kraftomnibussen der entsprechenden zulässigen Gesamtmasse ohne Fahrgäste. Dies allerdings nur, wenn die Fahrt lediglich der Überprüfung des technischen Zustandes des Fahrzeuges dient. Ohne Einschränkung auf diesen Fahrzweck dürfen Busse ohne Fahrgäste nur mit den Schlüsselzahlen 171 oder 172 gefahren werden. Diese Berechtigung des Inhabers einer umgeschriebenen Fahrerlaubnis der alten Klasse 2 gilt jedoch auch nur im Inland.
Grundsätzlich solle nach EU-Willen Führerscheine für Motorräder und Autos mindestens 15 Jahre und für Lastkraftwagen und Busse fünf Jahre gültig sein.
Abgelehnt wurden die vorgeschlagenen EU-weit geltenden Gesundheitschecks für Fahrzeugführer über 70 Jahre.
Digitaler Führerschein
Endlich: Der „digitale Führerschein“ kommt. Geplant ist, dass eine entsprechende App für Android und IOS im April zum Download freigeschaltet ist.
Voraussetzung für den zunächst geplanten Probelauf mit dem digitalen Führerschein ist, dass der Führerscheininhaber über einen Personalausweis mit eingeschalteter eID-Funktion verfügt, um die Idendität zu überprüfen.
Die digitale Version des Führerscheins steht damit nur deutschen Staatsbürgern zur Verfügung, die auch über einen deutschen Führerschein verfügen. Der digitale Führerschein wird den Kartenführerschein aber nicht ersetzen.
Voraussetzung für die Ausstellung der digitalen Version wird der Erwerb eines Kartenführerscheins sein.
Praktisch ist die digitale Version aber dennoch, denn das Mitführen der Plastik-Version erübrigt sich.
Der Blick auf den Führerschein der Mitarbeiter ist für jeden Arbeitgeber eigentlich Pflicht, sofern Betriebsfahrzeuge geführt werden sollen. Denn als Halter ist er auch verantwortlich dafür, dass er seine Fahrzeuge nur entsprechenden Führerscheininhabern überlässt.