Struktur statt Stuss
von Mario Kunzendorf
4.12.2025

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Leserinnen und Leser,
einen Herbst der Reformen hat der Bundeskanzler angekündigt. Also nicht nur Sonderabschreibungen für jene, die es sich sowieso leisten können, sondern echte Reformen, etwa zukunftsfähige Konzepte für das Gesundheits- und Sozialwesen oder für die Rentenversicherung. Wir lernen daraus: Die Bundesregierung hat das große Ganze im Blick. Nun, eine Deutsche Bahn spricht auch wiederkehrend über ihr Karriereziel Pünktlichkeit. Und doch weist am Bahnsteig ein Umstand eher auf Teilerfolge hin. Die meisten Durchsagen endeten 2025 nämlich mit dem Nachsatz: „Wir bitten um Entschuldigung“.
Bleibt zu hoffen, dass die Bundesregierung besser endet und nicht CDU-Fraktionschef Jens Spahn einmal mehr für die Zukunft nur den Stuss verbreitet, wir müssten „uns viel verzeihen“. Denn mit Blick auf demokratiegefährdende Tendenzen aller Orten wird das nicht reichen. Der Investor Carsten Maschmeyer hat es beim diesjährigen Ludwig-Erhard-Gipfel in Gmund gegenüber Staatssekretär Philipp Amthor (CDU) in der ihm eigenen anmutigen Art so formuliert: „Wenn ihr das verkackt, dann war´s das.“
Immerhin: Die Themen Wirtschaftsförderung und Bürokratie-Abbau sind in Berlin angekommen. Man ist sich bewusst, dass etwas geschehen muss. Weniger Berichtspflichten, weniger Verordnungen – dafür vielleicht mehr Freiheit bei den Arbeitszeiten? Wenn es um Inhalte geht, wird es schnell kompliziert. Vor allem jüngeren Parlamentsneulingen der SPD werfen langjährige Unionsabgeordnete im Hintergrundgespräch eine schräge Wahrnehmung der Wirklichkeit vor. „Fragen Sie einen der Jungsozialisten nach Bürokratie-Abbau und er wird antworten: Erbschafts- steuer erhöhen.“
Wie es scheint, sprechen in der neuen Koalition noch nicht alle dieselbe Sprache. Im Dachhandwerk kennt man dieses Leiden ja aus Verhandlungen mit Behörden, Auftraggebern oder Gewerkschaften – oder bisweilen schon aus Diskussionen zwischen den Beteiligten des eigenen Gewerks.
Umso erfreulicher, dass es in diesem Jahr auf Bundesebene mehrere strukturelle Fortschritte gegeben hat. Mit der IG BAU wurde endlich eine Einigung hinsichtlich der geplanten digitalen Ausbildungsplattform erzielt. Da diese aus Mitteln der SOKA-DACH gespeist wird, muss für die Umsetzung ein gemeinsamer Verein gegründet werden, der in 2026 seine Arbeit aufnehmen wird. Ebenfalls 2026 startet wohl die digitale Fortbildungsplattform, die zunächst aus Mitteln des Zentralverbands bezahlt wird. Hier sollen bisher bereits bundesweit entstandene Angebote künftig auch bundesweit greifbar und nutzbar für alle Innungen werden. Ebenfalls ab 2026 gelten für den ZVDH eigene Compliance-Regeln, die aufgrund zuletzt unglücklicher Erfahrungen jetzt Haupt- wie Ehrenamtlichen beschreiben, was dem Verband nutzt und was persönlich zu meiden ist.
Aufgaben für das kommende Jahr bleiben genug, zuvorderst vor der eigenen Tür. Zwar hat der Landesinnungsverband mit dem 3D-Systemhaus für Präsentationen oder der Digitalisierung des BayernDach-Magazins oder des novellierten Procederes bei der Sachverständigen-Prüfung in diesem Jahr wichtige Maßnahmen umgesetzt. Aber die Arbeit geht lange nicht aus. Der zentrale Schwerpunkt bleibt das KPZ in Waldkirchen, das pendelnd um die Kapazitätsgrenze neben der überbetrieblichen Ausbildung Aufgaben wie Berufsvalidierungen oder den neuen Rahmenlehrplan für den Meisterkurs stemmen muss. Beim Landesverband selbst nähert sich nach jahrelanger Theorie das Projekt Verlagerung der Geschäftsstelle aus München der praktischen Realisation.
Zunächst jedoch sei allen eine Pause gegönnt. Denn nicht vergessen sollte man: Familie und Gesundheit gehen vor. Im Sinne dieser zwingenden Strukturbasis wünsche ich allen eine schöne Weihnachtszeit und die ergiebige Erholung, die den Start in ein hoffentlich gutes neues Jahr erleichtert.
Mario Kunzendorf
Landesinnungsmeister

