Um einerseits den Rentenbezug nach hinten zu verlagern, andererseits aber auch um dringend benötigte Fachkräfte In Arbeit zu halten, ist das Renteneintrittsalter ein permanenter Diskussionsstoff.
Im Frühjahr 2007 beschloss der Bundestag mit dem Rentenversicherungs-Altersgrenzenanpassungsgesetz ab 2012 die schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre.
Ausnahmen sind langjährig Versicherte (mind. 35 Beitragsjahre), die frühestens mit 63 Jahren in Rente gehen können. Allerdings werden für jeden Monat, den sie vor Erreichen der Regelaltersgrenze in Rente gehen, dauerhaft 0,3 % Abschlag berechnet (maximal 14,4 %).
Besonders langjährig Versicherte, die mindestens 45 Beitragsjahre geleistet haben, können zwei Jahre vor Erreichen der Regelaltersgrenze in Rente gehen. Diese Altersgrenze steigt für die Jahrgänge 1953 bis 1964 schrittweise an. So kann ein 1964 Geborener und besonders langjährig Versicherter erst mit 65 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen.
Um die Rentenkassen zu entlasten, wird schon lange über eine Regelaltersgrenze von 70 Jahren diskutiert. Die jedoch könnte sich als „Milchmädchenrechnung“ entpuppen. Schon 2023 warnt Marcel Fratscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung e. V. (DIW) vor den Folgen. Jeder fünfte Beschäftigte kann durch Krankheit oder Unfall nicht bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze arbeiten. Und diese Zahl wird mit steigendem Renteneintrittsalter zunehmen. Damit wird ein immer größerer Teil der Menschen in die Erwerbsminderung kommen und das Armutsrisiko wird steigen.
Eine andere Möglichkeit ist ein freiwilliges längeres Arbeiten nach Erreichen der Regelaltersgrenze. Die dabei eingezahlten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung erhöhen beim späteren Renteneintritt die Rente. Viele Rentenberater empfehlen diese Möglichkeit jedoch nicht, da sich die Rentenerhöhung durch eine Weiterzahlung der Beiträge nur minimal auswirkt. Sie raten eher zum Rentenbezug und dann zu einem unbegrenzten Hinzuverdienst.
Diese Alternative wird nach dem Willen der Bundesregierung ab 2026 mit der Aktivrente unterstützt und gefördert, da ein Einkommen bis zu 2.000 € monatlich steuerfrei bleibt. Wichtig dabei: Es gibt keinen Progressionsvorbehalt. Damit ist ausgeschlossen, dass auch der Steuersatz für das restliche Einkommen ansteigt. Der Steuervorteil wird sofort bei der Lohnabrechnung berücksichtigt und nicht erst bei der Steuererklärung wirksam.
Abgezogen werden für Aktivrentner jedoch weiterhin die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Die Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung trägt der Arbeitgeber.
In der Praxis wird sich allerdings die Frage stellen, welcher Dachdecker auch über die Regelaltersgrenze hinaus noch fit genug ist, um auf dem Dach zu arbeiten? Glück hat hier, wer einen Arbeitsplatz im Betrieb z. B. in der Materialausgabe, im Lager oder in der Administration ausfüllen kann.
Damit ist jedoch der sich immer weiter verschärfende Fachkräftemangel im Bereich der gewerblichen Arbeitnehmer nicht beseitigt.
Nicht vorgesehen ist die Aktivrente allerdings für Selbstständige, Freiberufler oder Unternehmer/Betriebsinhaber.
Die Bundesregierung rechnet damit, dass dieser Steuerbonus von etwa 168.000 Menschen wahrgenommen wird. Ob sich der Aufwand für diese Gesetzgebung für diesen relativ kleinen Anteil der insgesamt rund 19 Millionen Bezieher von Altersrente tatsächlich gelohnt hat, bleibt auch unter Experten fraglich. Ebenso wird es spannend werden, ob es beim Ausschluss von Selbstständigen, Freiberuflern etc. von dieser Möglichkeit der Steuerersparnins bleibt. Denn schon jetzt melden sich u. a. die Versicherungswirtschaft, Ärzte- und Journalistenverbände und fordern dieses Privileg auch für ihre Mitglieder.
Zwischen Potenzial und Wirklichkeit
Das Potenzial für das Steuerprivileg schätzt die Bundesregierung auf 168.000 Rentner. Doch die Wirklichkeit weicht davon ab.
Im November berichtet die „Wirtschaftswoche“ unter Berufung auf eine Auswertung des Datenbankanbieters Index, bei der 200 Printmedien, die Datenbank der Agentur für Arbeit, 900.000 Unternehmens-Webseiten und 320 Online-Portale analysiert wurden. Das ernüchternde Ergebnis: Für Rentner waren von Januar bis September 2025 lediglich 1.958 Stellen angeboten. Im Vorjahr waren es gerade einmal etwas mehr als 2.700 Jobs.
Der Grund dafür ist, dass jüngere Arbeitnehmer das ausschreibende Unternehmen wegen Altersdiskriminierung verklagen könnten.